Die additive Fertigung macht´s möglich: Ultimative Gewichtsreduktion, Integration einer Fußgängerschutz-Funktion, verzugsoptimierte werkzeuglose Herstellung mit geringer Nacharbeit für kleine Serien.
Ein Innovationsprojekt der EDAG, voestalpine und Simufact.
Partnerprojekt LightHinge+: Additiv gefertigtes Leichtbau-Haubenscharnier mit integriertem Fußgängerschutz
EDAG, voestalpine und Simufact stellen in ihrem gemeinsamen Innovationsprojekt die Potenziale des 3D-Drucks für die automobile Fertigung vor.
Materialica Design + Technology Gold Award 2017
„Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung, denn sie gibt uns weiteren Rückenwind für unsere Softwarelösung Simufact Additive“, sagt Dr. Patrick Mehmert.
Das Projekt soll den praktischen Einsatz und das Potenzial von additiven Fertigungstechnologien in der Automobilproduktion aufzeigen.
Am Beispiel eines herkömmlichen Funktionsbauteils (hier: Motorhaubenscharnier) galt es die erweiterten Möglichkeiten der additiven Fertigung (Stichwort bionisches Design) zu nutzen, um das Bauteil ganz neu zu überdenken, neu zu konstruieren und anschließend additiv herzustellen.
Die Vermessung der additiv gefertigten Teile übernahm AICON 3D Systems GmbH aus Braunschweig. AICON gehört zu Hexagon Manufacturing Intelligence.
Projektbeschreibung
Die EDAG-Ingenieure haben das Scharniersystem auf Basis der Ergebnisse einer Topologieoptimierung neu konstruiert, um den gewünschten Gewichtsvorteil bei gleichbleibender Steifigkeit und Festigkeit zu erreichen. So gelang es, den minimalen Materialbedarf zu ermitteln und einen Gewichtsvorteil von 50 % gegenüber der Referenz zu erzielen.
Die anschließende Optimierung der für die Fertigung nötigen Stützstrukturen sowie das finale Drucken von Ober- und Unterteil des Scharniers wurden durch das voestalpine Additive Manufacturing Center in Düsseldorf durchgeführt.
Bildergalerie
Darstellung der Scharnierfunktion - Copyright EDAG Engineering
Vergleich additive Bauweise vs. herkömmliche Bauweise
Rekonstruktion eines konventionellen Motorhaubenscharniers, das additiv gefertigt wird und dabei folgende Anforderungen erfüllt:
Reduzierung des Gewichts um 50 Prozent
Verwendung weniger Bauteile
Fertigung in wenigen Montageschritten
Integration eines Fußgängerschutzes
Lösung
Um die Anzahl der Versuche zu reduzieren, setzen die Projektpartner Simufact Additive ein, die Verzüge in den Bauteilen simuliert. Mittels Verzugskompensation können die Bauteile in kürzerer Zeit gefertigt werden bei gleichzeitiger Einhaltung der Qualitätsziele.
Ein wichtiger Zwischenschritt in der Konstruktion und Fertigung additiver Bauteile ist die Simulation des eigentlichen Druckprozesses im 3D-Drucker. Hier kam Simufact mit seiner speziell für die additive Fertigung erstellten Softwarelösung Simufact Additive zum Zuge.
Mit Simufact Additive können der eigentliche Druckvorgang und die nachfolgenden Prozessschritte wie zum Beispiel das Entfernen der Stützstrukturen simuliert und damit Verzüge und Eigenspannungen vorhergesagt werden.
Modellaufbau in Simufact Additive - Oberteil
Modellaufbau in Simufact Additive mit Darstellung der Stützstrukturen - Unterteil
Benefits durch Simulation
Signifikante Reduktion des initialen Verzugs um ca. 50%-80% durch Simulation.
Maximaler Verzug wurde von ca. 1,5 mm auf ca. 0,75 mm halbiert.
Weiter verbesserte Ergebnisse durch mehrere Simulationsläufe möglich.
Keine Testbauteil-Fertigung nötig.
Keine aufwändige Kompensation durch Vermessung von Testbauteilen nötig.
Bauteil kann bereits beim ersten Baujob innerhalb der Toleranzen liegen.
Fertigungszeit und Kosten werden drastisch reduziert.
Ergebnisdarstellung des Verzuges im Oberteil in Simufact Additive
Ergebnisdarstellung des Verzuges im Unterteil in Simufact Additive
Es können mehrere Teile in einem Arbeitsgang gedruckt werden.
Verzugskompensation
Durch den konzentrierten Wärmeeintrag mit hohen Aufheiz- und Abkühlraten entstehen im additiven Fertigungsprozess Verzüge und Eigenspannungen im Bauteil.
Auf Basis des simulierten Verzugs hat Simufact die Bauteil-Geometrie negativ vorverformt, um so die Formabweichungen der gedruckten Scharnierteile zur Sollgeometrie zu minimieren. Das nicht verzugskompensierte Scharnier hat Abweichungen von ein bis zwei Millimetern zur Sollgeometrie aufgewiesen. Bereits durch den ersten Simulationslauf konnte der Maximalverzug halbiert werden.
Korrigieren in „Arbeitsschritte im LightHinge+ Projekt“
3-dimensionale Vermessung
Zum Nachweis, dass das Kompensationsverfahren auch die gewünschten Ergebnisse erzielt, wurden zum Vergleich die nicht verzugskompensierten sowie die auf Basis der Simulationsergebnisse verzugskompensierten Bauteile gedruckt.
Eine dreidimensionale optische Vermessung durch AICON 3D Systems konnte die Maßhaltigkeit der verzugskompensierten Bauteile nachweisen.
Optisches Messgerät AICON 3D Systems
Beginn der optischen Messung (AICON)
Optische Vermessung des 3D-gedruckten Scharniers
Optische Vermessung des 3D-gedruckten Scharniers
Ergebnisse der optischen 3D-Vermessung (AICON)
Ergebnisse der optischen 3D-Vermessung (AICON)
Messergebnisse - mit und ohne Verzugskompensation
Vergleich der Verzüge vor und nach der Verzugskompensation im Unterteil
Vergleich der Verzüge vor und nach der Verzugskompensation im Unterteil - gedrehte Ansicht
Die optischen Vergleichsmessungen des nicht verzugsoptimierten Originals und des verzugsoptimierten Bauteils - hier am Beispiel des Scharnierunterteils - zeigen die Verbesserungen deutlich auf: Die Verzugskompensation ist eine wirksame Vorgehensweise, um mit Hilfe der Simulation schon gleich beim ersten Druck maßhaltige 3D-Teile zu fertigen.
Über weitere Iterationsschritte in der Simulation können die Abweichungen zur Sollgeometrie weiter minimiert werden. Teure und zeitintensive Fertigungsversuche können vermieden werden.
Resümees der Partner
EDAG Engineering GmbH
„Das LightHinge+ Haubenscharnier nutzt durch ein effizientes software-unterstütztes Engineering die Potenziale des Additive Manufacturing voll aus. Es werden eine ultimative Gewichtsreduktion und Integration einer Fußgängerschutz-Funktion, in verzugs- und eigenspannungs-optimierter werkzeugloser Herstellung mit geringer Nacharbeit für kleine Serien erzielt.“
Dr. Martin Hillebrecht, Leiter Competence Center Leichtbau, EDAG Engineering GmbH
voestalpine Additive Manufacturing Center
"Die aus der Topologieoptimierung resultierenden Geometrien der Bauteile erfordern einen hohen Anteil an Stützstrukturen. Im Projekt konnten wir diese auf ein Minimum reduzieren."
Dr. Eric Klemp, Geschäftsführer voestalpine Additive Manufacturing Center
Präsentation auf der IAA 2017
Die Projektpartner von links nach rechts: Sebastian Flügel EDAG, Eric Klemp voestalpine Additive Manufacturing Center, Michael Wohlmuth simufact, Volker Mensing simuact und Martin Hillebrecht EDAG
LightHinge+ Projekt – Anhand einer Minitaurmotorhaube zeigen die Projektpartner die Funktionalität des additiv gefertigten Motorhaubenscharniers
„Die Simulation des Bauprozesses hat wesentlich zur verbesserten Auslegung, Absicherung und Verzugsoptimierung des additiv gefertigten LightHinge+ Scharniers beigetragen. Teure und zeitintensive Fertigungsversuche konnten wir auf diese Weise vermeiden.“
Dr. Patrick Mehmert, Produktmanager Additive Manufacturing, simufact engineering gmbh
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