Laserstrahlschmelzen im Pulverbett (SLM oder LBM) stellt eine der leistungsfähigsten Technologien der additiven Fertigung dar. Dabei werden die Bauteile innerhalb eines Bautanks gefertigt, indem schichtweise dünne Lagen Metallpulver aufgetragen und dann entsprechend der jeweiligen Bauteilquerschnitte selektiv aufgeschmolzen werden. Nach Fertigstellung einer Lage wird der Bautank um die Dicke der gedruckten Schicht abgesenkt und die nächste Lage beginnt mit dem Auftrag einer neuen Schicht Pulver. Auf diese Weise “wächst” das Bauteil von der Grundplatte ausgehend in den Bauraum, bis es fertiggestellt ist.
Um die Druckbarkeit von überhängenden Strukturen zu gewährleisten, müssen zusätzliche Stützstrukturen verwendet werden. Diese sogenannten Supports werden zusammen mit dem Bauteil gefertigt und müssen nach Prozessende vom Bauteil entfernt werden. Typischerweise werden die Stützstrukturen anhand rein geometrischer Kriterien für alle Facetten mit einer Neigung oberhalb eines kritischen Winkels von ca. 45° erstellt. Supports bieten nicht nur mechanische Stützwirkung für einzelne Bereiche und das gesamte Bauteil, sondern sie fungieren auch als zusätzlicher Pfad für die Wärmeleitung zur Grundplatte. Daher ist für die meisten Bauteile ein Minimum an Supports zwingend erforderlich. Zusätzliche Supports können darüber hinaus die Bauteilqualität steigern und Verzüge der finalen Komponente reduzieren. Jedoch kostet die Fertigung von Stützstrukturen sowohl Verbrauchsmaterial als auch Bauzeit und erhöht darüber hinaus den Aufwand der Nachbearbeitung.
Dieser Konflikt zwischen Bauteilqualität und Wirtschaftlichkeit wurde durch das R&I Team von Simufact im Rahmen des durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte SupErLaTiv Projekt adressiert. Zusammen mit den Projektpartnern Fraunhofer IWU, der Technischen Universität Dresden (TUD) und Symate wurde prototypisch eine simulationsgestützte Support-Generierung umgesetzt, gemäß dem Motto „so viel Support wie nötig, aber so wenig wie möglich“.
Das SupErLaTiv Projekt verfolgte einen Einheitszellen-basierten Ansatz, der prototypisch in die Nutzeroberfläche von Simufact Additive implementiert wurde. Mit diesem Software-Prototypen lassen sich nun automatisiert Stützstrukturen erstellen, die durch ihr Design einerseits das Supportvolumen minimieren und andererseits gleichzeitig die mechanische Stabilität unter den im Bauprozess auftretenden Spannung gewährleisten.
Mittels MSC Apex Generative Design wurden an der TUD Topologie-optimierte Einheitszellen verschiedener Größen (10mm, 5mm, 2.5mm) entworfen, die für die Supporterstellung eine Bibliothek stapelbarer „Bausteine“ darstellen. Da der Ansatz des generativen Designs auf eine homogene Spannungsverteilung innerhalb der belasteten Zellen abzielt, wird auf diese Weise das Versagensrisiko aufgrund ungewollter Spannungskonzentratoren minimiert. Material- und Prozessdaten, wie auch die experimentelle Validierung der effektiven Eigenschaften der Einheitszellen wurden am IWU durchgeführt. Hier wurde ebenfalls die Druckbarkeit der finalen Supportstruktur anhand von Demonstrator-Bauteilen nachgewiesen. Grau dargestellte Interaktionen stellen den Datentransfer dar, der es Symate ermöglichte an einer prototypischen Plattform für das Datenmanagement in der additiven Fertigung zu arbeiten.
Im Simufact-Team wurde die technische Umsetzung des Software-Demonstrators realisiert. Die Supporterstellung beginnt mit dem Aufbau einer SLM Prozesssimulation in Simufact Additive. Wird dort die SupErLaTiv Support-Optimierung ausgewählt, wird der Optimierungsraum für die Supporterstellung anhand des bekannten kritischen Winkels ermittelt. In einer initialen Prozesssimulation werden die maximalen Spannungen ermittelt, die während des Bauprozesses zu erwarten sind. Da dies bereits vor der Erstellung der ersten Support-Variante geschieht, wird hierfür wird von einer homogen porösen Supportstruktur im gesamten Optimierungsraum ausgegangen. Sobald die Simulationsergebnisse vorliegen, wird durch Simufact Additive über eine hierfür angelegte Python-Schnittstelle der Optimierer der TUD aufgerufen, wodurch die idealen Koordinaten der Einheitszellen ermittelt werden. Die finale Supportstruktur wird nun in Simufact Additive aus den Einheitszellen erstellt und mit Abbindungen zum Bauteil versehen. Export der resultierenden Struktur ist in zwei Auflösungen möglich – eine grobe Auflösung ermöglicht gute Handhabung bei der Inspektion, während eine hohe Auflösung für den Bauprozess zur Verfügung steht.
Abbildung 4 illustriert die verschiedenen Schritte der Supporterstellung anhand eines Demonstrator-Bauteils – einer Skateboard-Komponente, die am IWU gefertigt wurde, um die Anwendbarkeit des Software-Prototypen zu erproben. Obwohl die intelligente Supporterstellung auch nach dem SupErLativ Projekt noch weitere Herausforderungen bereithält, konnte das Simufact Team die Zusammenarbeit mit den Projektpartnern gezielt nutzen, um einen flexiblen und leicht handhabbaren Ansatz für die Supporterstellung umzusetzen. Zudem hebt das Projekt das Potenzial hervor, das sich aus der Kombination verschiedener Werkzeuge aus der Hexagon Familie ergibt. Im Fall der Skateboard-Komponente konnte das erforderliche Supportvolumen im Vergleich zu einer vom IWU bereitgestellten Standardstruktur um über 40% reduziert werden.
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